Die BILD-Zeitung berichtete gestern über das sensationelle Bühnen-Comeback Wolfgang Petrys. Die Meldung ist an sich auch wirklich super spannend, wir haben sie auch aufgegriffen (- u. a. hat es ja auch Achim Petry auf seiner Facebook-Seite zum Thema gemacht). Es ist hoch erfreulich, dass „Wolle“ noch immer so angesagt ist, dass er Deutschlands größtem Boulevard-Blatt eine große Meldung wert ist. Bei der Schlagzeile behauptet die BILD-Zeitung aber, dass es ein „Comeback auf der Bühne nach 19 Jahren“ sei. Das ist so nicht ganz richtig. Seinen letzten Auftritt „auf der Bühne“ hatte „Wolle“ im Herbst 2006 – damals nahm er bei der von Dieter Thomas Heck moderierten „Goldenen Stimmgabel“ Abschied von seinem treuen Publikum. Das ist jetzt 12 Jahre her.
Letzter Auftritt(!) im Jahr 2006
Es ist zwar richtig, dass Petry zuletzt im Jahr 1999 auf Konzertreise war – dennoch stand er danach noch viele Jahre lang auf der Bühne – seinen letzten großen TV-Auftritt hatte er wie gesagt im Jahr 2006.
Leitmedium BILD-Zeitung?
Das ist sicher kein sonderlich bemerkenswerter Fehler – es zeigt aber zwei Dinge auf: Erstens hat die BILD-Zeitung zumindest im Bereich des Schlagers einen enormen Einfluss. Wenn das Blatt den Nachrichtenwert erkennt, ist davon auszugehen, dass sich viele Medien – auch wichtige und einflussreiche Zeitungen und Onlineportale – der Nachrichten der BILD-Zeitung bedienen. Ein großartiges Beispiel dafür ist die Echo-Verleihung: Kollegah erhielt im Jahr 2015 gleich zwei Echos – große Kritik daran war nicht zu vernehmen. In diesem Jahr hat sich die BILD-Zeitung des Themas massiv angenommen – die Konsequenz ist bekannt.
Artikel-Übernahme ohne eigene Recherche?
Ein zweiter bedauerlicher Aspekt ist der des Abschreibens, ohne eigene Aspekte in den Artikel zu bringen – bzw. ohne die Quelle zu nennen. Wenn man beispielsweise exklusiv ermittelt, dass Mary Roos erstmals in den deutschen Charts vertreten ist, kann es passieren, dass diese Info einige Tage später fast wortgetreu übernommen wird. Problematisch ist, dass solche Fakten nun mal Fakten sind und somit nicht mit einem Copyright zu versehen. Dass aber wirklich seriöse und angesehene Medien die Schlagzeile der BILD ungeprüft übernehmen, ist schon bedenklich. Sei es Focus oder sei es die Homepage von RTL – überall ist zumindest sinngemäß die Rede von einem „ersten Auftritt(!) nach 19 Jahren“ – also der Formulierung, wie sie in ähnlicher Form auch die BILD-Zeitung gewählt hat.
„Ausgerechnet“ Schweizer Homepage ist gut informiert
Offensichtlich gibt es aber auch Redaktionen, die selber recherchieren. Der Hammer: Ausgerechnet ein Schweizer Portal (ch-nachrichten.press) berichtet richtigerweise davon, dass Wolfgang Petry nach „zwölf Jahren“ wieder auf der Bühne stehe. Dabei gibt es schon Aspekte, die von der BILD-Zeitung nicht ins Spiel gebracht wurden. Beispielsweise ist es schon spannend, dass Petry ausgerechnet in Berlin auf die Bühne kam – in Duisburg, also im von ihm besungenen „Ruhrgebiet“, hingegen nicht – das Beispiel hatten wir in unserem Artikel ja gestern gebracht.
Gehört Ideenklau zum guten Ton?
Etwas ärgerlich ist es, wenn nicht nur ein Thema einfach „übernommen“ wird, sondern sogar die Formulierungen und Artikel-Aufbauten einander auffällig ähneln. Als Beispiel sei hier folgendes Beispiel genannt: vor ein paar Tagen brachten wir eine Bilderserie, in der Michelle in sexy Outfits zu sehen war und titelten: „Michelle zeigt sich sexy wie nie“. Bei einem anderen Schlagerportal (Konkurrenz der Schlager-Medien) finden wir nun einen Artikel „Bildergalerie: So sexy ist Michelle“.
Wenngleich es nur wenige Exklusiv-Themen gibt, wäre es doch manchmal wünschenswert, einem Artikel auch eine eigene Note zu geben…