Er ist eine absolute Legende und Kult – Tony Marshall. Inzwischen ist der Sänger 83 Jahre alt und kann auf eine beeindruckende Karriere zurückblicken. Doch ebenso beeindruckend ist, wie ein Mann, der schwer krank war, mit einem großen Lächeln durch das Leben geht. An das Aufhören denkt er dabei noch lange nicht, so kommt im Herbst gar nochmal ein Album. Kürzlich erschien seine neue Single „Der letzte Traum“, die ihn von einer ganz anderen Seite zeigt – nachdenklich und doch glücklich blickt er in dieser auf das Leben zurück.
Schlager.de: Tony, Du hast in diesem Jahr Deinen 83. Geburtstag gefeiert. Wie geht es Dir?
Tony Marshall:„Mir geht’s gut! Ich hab das Lachen nicht verlernt, auch wenn die aktuellen Nachrichten in den Medien mich auch umhauen, aber das Leben geht weiter. Wenn die Politiker noch lachen können, dann kann der Tony Marshall das auch.“
Schlager.de: Du bist Dialysepatient. Das ist in der Corona-Zeit schon für jüngere Menschen eine große Gefahr. Wie hast Du Dich verhalten, als es hieß, dass Du Hoch-Risikopatient bist?
Tony Marshall:„Das kam ja wirklich über Nacht und ich war überhaupt nicht darauf eingerichtet. Ich hab zudem Polyneuropathie, genau wie Jürgen Drews aktuell. Das ist eine blöde Nervenerkrankung, das Kribbeln und Brennen in den Füßen ist unangenehm. Er kann keine Pirouetten mehr drehen und nicht mehr auf der Bühne tanzen. Es kommt, wie es kommt und das muss man annehmen.“
Schlager.de: Wie liefen bei Euch Familientreffen ab? Hast Du Deine Kinder überhaupt gesehen?
Tony Marshall:„Kinder sind es ja nicht mehr (lacht). Es hat trotzdem alles bisher wunderbar mit den Söhnen und Töchtern und den Enkelkindern, die wiederum jetzt sogar Eltern geworden sind, geklappt. Meine Frau und ich sind inzwischen dreifache Ur-Großeltern und das kann man sich im Leben nur wünschen. Das schafft Ausgleich und Zufriedenheit, egal was in der Welt passiert. Wir wissen, dass wir nur einmal leben. Mein Philosophie lautet: Man lebt nur einmal, also mach das Beste draus.“
Schlager.de: Im badischen Moosbronn findet man aktuell eine tolle Ausstellung in einer Galerie, mit vielen geliebten Dingen, die sich in deiner Karriere angesammelt haben. Wie kam es dazu?
Tony Marshall: „Wir hatten die Ausstellung vorher in einem Restaurant in Baden-Baden, dort wurde dem Pächter gekündigt. Und so flog mein Museum natürlich auch raus. Nach dem die Sachen zwischengelagert wurden, lernte ich einen Freund kennen, der ein Hotel und Restaurant hat – eine wunderschöne Blockhütte. Man könnte meinen, das wäre in Bayern oder Tirol – ich war davon so angetan und habe ihn ganz zurückhaltend gefragt, ob wir die Ausstellung nicht hier unterbringen könnten. Nun feierten wir vergangenen Dienstag die Eröffnung und die Gäste sind begeistert. Man sieht alles, was man über Tony Marshall wissen muss, oder auch nicht.“
Schlager.de: Gibt es dort ein Erinnerungsstück, welches dir ganz besonders am Herzen liegt? Und wenn ja, warum?
Tony Marshall:„Da gibt es mehrere Dinge. Es sind die Bilder von meiner Frau und den Kindern, das Bundesverdienstkreuz, die Ehrenbürgerschaft von Baden-Baden sowie die Ehrenbürgerschaft von Bora Bora, meinem Paradies. Wenn das der letzte Weg sein sollte, dann bin ich gern bereit und mache eine Zwischenstation in Bora Bora. Natürlich zählen aber auch die Erinnerungen an meine großen Wegbegleiter dazu – Altstars wie Roy Black oder auch Fred Bertelmann bis hin zu den jungen Leuten wie Jürgen Marcus, Andrea Jürgens und Chris Roberts. Sag mir, wo die ganzen Freunde hin sind? Der eine ist fit geblieben, der andere nicht. Es tut mir immer Leid, wenn es um sympathische Kollegen geht – wie Rex Gildo oder Bernd Clüver… Bei Chris Roberts war ich vor drei Jahren noch auf Tournee. Wir wussten alle, dass er krank ist, aber dass es so schnell gehen würde, wusste keiner.“
Schlager.de: Kürzlich hast du bei Telamo unterschrieben und veröffentlichst im Herbst noch einmal ein Album. Es soll das persönlichste Werk Deiner Karriere werden und Deine „Sehnsuchtslieder“ beinhalten. Was erwartet uns da genau?
Tony Marshall:„Ich war sehr überrascht. Und dann hab ich die ersten Noten gehört und den Text von ‚Der letzte Traum‘ gelesen. Da dachte ich: ‚Das kann doch nicht wahr sein – wo hast du das Glück her, dass du nochmal so eine Musik angeboten bekommst?!‘ Meine Begeisterung kannte keine Grenzen. Der Song ist eher Chanson, ein Liedgut, welches ganz besonders wertvoll ist. Daher bin ich überglücklich, am Ende meiner Karriere so ein wunderschönes Lied geschenkt bekommen zu haben. (…) Die Reaktionen meiner Freunde und Bekannten hatte ich so noch nicht erlebt, nun bin ich bin gespannt, wie das Publikum darauf reagiert. Ich kann ja nicht ewig ‚Die schöne Maid‘ und ‚Heute haun wir auf die Pauke‘ singen. Mein Sohn Marc hat sich da sehr viel Mühe gemacht, im Album sind einige Lieder dabei, an die ich mich gar nicht mehr erinnere. Zum Beispiel ‚Aline‘, meine erste Aufnahme aus dem Jahre 1966 – die Platte wird ein Rückblick auf mein Leben sein – und dann zum Titel ‚Der letzte Traum‘ hinführen.“
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Schlager.de: An das Aufhören denkst Du noch lange nicht – auch Deine Diamantene Hochzeit mit Deiner Gaby steht bald an. Woher nimmst Du diese Energie? Das klingt ja alles nach einem zweiten Frühling!
Tony Marshall: „Man verliebt sich bis zur Besinnungslosigkeit, dann wird es ernster und man heiratet. Später kommen dann die Kinder und es entsteht eine andere Liebe als zu Beginn. Am Schluss endet es – zumindest bei mir – in einer Verehrung, in einer Dankbarkeit für das, was der Lebenspartner getan hat. Ich könnte mich manchmal selbst umarmen, so glücklich war ich in meinem Leben. Jetzt warten wir einfach ab.“
Schlager.de: Was habt Ihr für den Hochzeitstag geplant?
Tony Marshall:„Ein Riesenfest! Wir kennen uns ja schon viel länger, schon über 70 Jahre. 1959 haben wir uns verlobt und 1962 wurde geheiratet. So etwas findest Du in meiner Branche nicht. Ich hab das Glück, dass meine Frau weiter an meiner Seite steht. Dass man dabei mal über die Strenge haut, ist auch klar. Die Ehe war nicht immer eine gerade Linie bis zum Nordpol, sondern eine Berg- und Talfahrt. Aber das ist eben die Stärke – es zu reparieren, wenn mal was schief läuft.“
Schlager.de: Und gibt es einen Traum, den Du dir gerne noch erfüllen möchtest?
Tony Marshall: „Nein, ich bin ganz ehrlich wunschlos glücklich! Ich würde mich persönlich freuen, meine Karriere weiter führen zu können und dann bin ich zufrieden. Ich brauche mir da nichts mehr vorzumachen, alles andere wäre erstunken und erlogen. Im Alter geht man gerne mal auf ein Konzert oder hört mal Beethoven. Das gibt mir viel Kraft.“